Karben. Charlotte Jäkel und Edgar Pfeifer vom Aufsichtsteam sowie Stadtrat Jürgen Hintz (CDU) laden zum Rundgang ein. Vorsichtig hebt Jäkel den Deckel des alten Grammophons an. Das Gerät, das zum Abspielen von Schallplatten diente, befindet sich im Jugendstil-Wohnzimmer, der „Gudd Stubb“ aus der Zeit um 1900.
In den themenbezogenen Räumen, die sich im Museum auf zwei Etagen erstrecken, werden Eindrücke aus dem Leben in früheren Zeiten vermittelt. Nostalgie kommt im „Dorfladen“ nebenan auf. Inmitten von Vorratsbehältern und historischen Waagen werden Erinnerungen an das gemütliche Einkaufen in den kleinen Läden früherer Zeiten wach, als das Schwätzchen noch dazu gehörte.
Edgar Pfeifer greift nach der Schütte im Schrank, mit der Lebensmittel wie Zucker, Reis und Erbsen dem Kunden in mitgebrachte Gefäße oder in Papiertüten gefüllt wurden. „Diese Utensilien stammen vom Kaufmann Taschner, der noch bis in die 1970er Jahre in der Bahnhofstraße seinen Laden betrieb“, sagt Pfeifer.
Damit spricht er eine Besonderheit des Landwirtschafts- und Heimatmuseums an. Beinahe sämtliche Gebrauchsgegenstände und Exponate stammen aus Kärber Haushalten. Dafür habe Edmund Felber gesorgt, der „Vater des Museums“. Er habe nicht nur die Dinge bei den Karbener Familien gesammelt, sondern diese auch instand gesetzt, berichtet Jäkel.
Das Degenfeldsche Schloss, in dem das Museum untergebracht ist, hat eine wechselvolle Geschichte. Die um 1728 erbaute Barockanlage diente um 1810 der Familie des Grafen Degenfeld – einem österreichischen General – als Sommerresidenz. Im Jahr 1868 ging das Gebäude in Gemeindebesitz über. In den folgenden Jahren und Jahrhunderten waren darin nacheinander die Schule, die Polizeistation sowie die Bürgermeisterei untergebracht.
Seit 1980 befindet sich darin das Landwirtschafts- und Heimatmuseum. Von 1985 bis 2002 wurde das Haus schonend restauriert. Im Erdgeschoss befindet sich das historische Trauzimmer. Nach Edmund Felber wurde bis April 2010 das Museum von Herbert Schuch betreut.
Seit Herbst 2010 führt ein Team aus 25 ehrenamtlich tätigen Bürgern die Aufsicht zu den Öffnungszeiten, ein Großteil davon sind Mitglieder des Karbener Geschichtsvereins. Charlotte Jäkel ist eine von ihnen. „Ich möchte dazu beitragen, Kultur zu erhalten und zu vermitteln“, erklärt sie ihre Motivation. „Wir beantworten gern die Fragen von Besuchern, doch wir sind keine ausgebildeten Führer“.
Das Team möchte den Besuchern Geschichte und alte Techniken anschaulich machen, etwa indem Handwerker ihre Zunft vorstellen. Im Herbst soll erstmals ein Schornsteinfeger den Besuchern die Schornsteinfegerzunft aus früheren Zeiten nahebringen; Näheres wird noch nicht verraten.
Im Erdgeschoss gibt es zudem einen Waschraum, nebenan finden sich ein Melkschemel, Milchkannen und weitere Utensilien, die zum Melken von Hand benötigt wurden. „Das Melken ist nicht so einfach, wie man es sich vorstellt“, sagt Edgar Pfeifer.
Im oberen Stockwerk finden sich Flaschen und Gefäße, in die das Wasser aus den früheren vier Karbener Mineralbrunnen abgefüllt und transportiert wurde. Zudem werden Gemeindewappen der ehemaligen Karbener Dörfer ausgestellt. Nebenan gibt es ein Schulzimmer mit historischer Einrichtung. Vorsichtig nehmen Jürgen Hintz, Edgar Pfeifer und Charlotte Jäkel Platz auf den Schulbänken. „Die Möbel stammen aus Karbener Schulen“, berichtet Jäkel. In den Tischen gibt es die typischen Öffnungen für Tintenfässer.
Pfeiffers Herz schlägt vor allem für die Geräte und Maschinen in der großen Halle im hinteren Teil des Hofes. Diese beherbergt landwirtschaftliche Fahrzeuge „aus 150 Jahren Landwirtschaft in der Wetterau“, sagt Pfeifer. Der älteste Traktor ist ein „Lanz Bulldog“, Baujahr 1940. Insgesamt werden sieben Traktoren ausgestellt. „Hier gibt es Geräte und Maschinen, die für die im landwirtschaftlichen Jahresrhythmus anfallenden Arbeiten nötig waren“, berichtet Pfeifer. Hierzu zählen Pflüge, eine Dreschmaschine sowie ein Acker- und Leiterwagen.