Karben. Immer, wenn er rund um seine neue Wohnung in der Luisenthaler Straße zu Fuß unterwegs ist, steigt in Edgar Pfeifer (63) die Wut hoch. Plastikplanen liegen auf den noch leeren Baugrundstücken herum, eine Palette mit einigen Tüten Zement steht am Straßenrand, Fliesenreste und Schutt liegen wild herum. „An dieser Müllhalde haben die Anwohner keinen Spaß“, seufzt Pfeifer. Bitter für ihn: Er wohnt in Karbens dreckigstem Baugebiet.
Es war im Januar, als Edgar Pfeifer und seine Frau ihr beschauliches Häuschen in Petterweil hinter sich ließen. Sie zogen in eine lichtdurchflutete Dachgeschosswohnung in einem der Mehrfamilienhäuser des neuen Groß-Karbener Baugebiets. „Wir wollen es bequemer haben fürs Alter“, sagt Edgar Pfeifer. Der Logistikleiter startete gerade in die passive Phase seiner Altersteilzeit. Fahrstuhl im Haus, alles ebenerdig, die fußläufige Nähe zum Bahnhof und allen Einkaufsmärkten – all das lockte ihn in die Luisenthaler Straße.
Schon während des Einzugs bemerkte er, wie die ganze Gegend von Bauabfällen verdreckt ist. Massenhaft leuchteten weiße und bunte Flecken von Dreck und Unrat aus dem Grün der noch unbebauten Grundstücke hervor. Mit den Monaten wuchs zwar das Gras höher. Doch der Dreck ist immer noch da. Dass Bauarbeiter einfach Bauabfälle und Plastik in offene Gruben warfen und diese später mit Erde verfüllten, belegt Pfeifer mit Fotos. Auch die Szene, als ein Arbeiter seine Werkzeuge reinigt und das milchig-weiße Abwasser einfach auskippt und ins Erdreich sickern lässt. „Das kann doch nicht sein“, schimpft Pfeifer.
Noch im Frühjahr berichtete er dem Rathaus von seinen Beobachtungen. Nachdem sich nichts tat, habe er eine E-Mail an Stadtbaurat Gerd Rippen (Grüne) gesendet. Als Antwort erhielt Pfeifer den Hinweis, er möge selbst ausfindig machen, wer der Verursacher sei, und das bitte mitteilen, berichtet Pfeifer und schüttelt den Kopf. „Ich verstehe die Stadt nicht“, sagt er. „Am Ende muss doch die Allgemeinheit für die Müllbeseitigung zahlen.“
Den Vorwurf der Untätigkeit lässt Stadtrat Rippen nicht auf sich sitzen. „Die Kollegen waren draußen und haben sich das konkret zeigen lassen“, berichtet er. In ihrem direkten Einflussbereich – der Straße – habe die Kommune darauf geachtet, dass alles sauber hinterlassen wurde. Der übrige Müll finde sich auf Privatgelände. „Das sieht nicht schön aus“, gibt Rippen zu, wobei es ohnehin „auf dem Bau nie richtig hübsch“ aussehe. Allerdings sei das Sache der Bauherren. Wenn jemand dort illegale Müllbeseitigung beobachte, könne derjenige bei der Polizei eine Anzeige wegen Umweltverschmutzung stellen.
Dass es sehr wohl auch in der Luisenthaler Straße ordentliche Baustellen gibt, hat Anwohner Pfeifer beobachtet und widerspricht dem Stadtrat. Den meisten Dreck macht Pfeifer auf den Baufeldern östlich der Luisenthaler Straße aus und als Überbleibsel der Arbeiten an den Häusern eines Bauträgers aus der südöstlichen Wetterau.
Der Bauträger will von dem Problem noch gar nichts wissen. „Solche Beschwerden sind nicht zu uns gekommen“, berichtet Projektleiter Thomas Klein. „Auch nicht von der Stadt.“ Was Anwohner Pfeifer nicht wundert: „Die Leute aus der Nachbarschaft schimpfen alle über den Dreck“, sagt er. „Aber die meisten haben wohl längst resigniert.“
Dennoch wehrt sich Projektleiter Klein dagegen, dass „mit dem Finger nur auf einen gezeigt“ werde. Dabei hätten doch die beauftragten Baufirmen „die ganz klare Pflicht aufzuräumen“. Dass Bauschutt vergraben worden sein solle, sei ihm nicht bekannt, so Thomas Klein. Zudem sieht er auch jene Wohnungs- und Häuslekäufer, die viele der Innenausbau-Arbeiten selbst erledigen, als mögliche Schuldige: „Ich habe selber gesehen, wie Anwohner ihr Zeug mit der Schubkarre wohin gekippt haben.“ (den)