Noch nicht lange fertig, erzürnt der neue Abschnitt der Dortelweiler Straße in Klein-Karben aufs Neue die Gemüter in der Ortsbeiratssitzung. Jahrelang hatten die Politiker gezankt, ob sie die alte Nidda-Brücke ohne Fluss darunter sanieren oder abreißen sollen. Die umgesetzte Lösung gefällt nun einigen so gar nicht.
Karben. Es ist eines der Projekte, über das viele Beobachter nur den Kopf schütteln. Jahrzehntelang stand die alte Nidda-Brücke in der Dortelweiler Straße direkt unterhalb des Klein-Karbener Ortskerns. Der Fluss war seit den 1960er-Jahren längst verlegt, sein Bett verfüllt, darauf Gärten, Spielplatz, Grünanlage entstanden. Als die schmale Betonbrücke dann in die Jahre kam, schlug ein Fachmann Alarm: Das Bauwerk sei nicht mehr standsicher.
Wie ein Industriebau
Über Jahre hinweg diskutierte daraufhin der Ortsbeirat, ob die Brücke nicht doch saniert werden sollte. Der historischen Gesamtansicht Klein-Karbens wegen wünschte sich besonders SPD-Urgestein Rainer Züsch diese Lösung. Wegen der Kosten entschied sich die Stadtregierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) jedoch dafür, die Brücke ohne Fluss wegzureißen und eine ganz normale Straße zu bauen – mit Geländer als Reminiszenz an das alte Bauwerk. Auch der Ortsbeirat votierte letztlich für diese Lösung. Denn die Straße ist nur etwas breiter geworden als die schmale Brücke. Außerdem verläuft sie, wie die Brücke, leicht erhöht auf einem Damm und hat – zumindest auf einer Seite – ein Geländer erhalten.
Dieses aber sagt nun nicht jedem zu. „Es sieht nicht schön aus“, findet Vize-Ortsvorsteher Jürgen Dreschel von den Freien Wählern. Diese Meinung teilt Ortsbeiratsmitglied Rainer Züsch von der SPD: „Es sieht aus wie ein Industriebau.“
Dabei sei extra vom Ortsbeirat verlangt worden, dass das Geländer dem Stil des nahe gelegenen kleinen Platzes mit dem Peter-Geibel-Brunnen darauf angepasst werde. Der SPD-Mann findet, man solle nun wenigstens ausprobieren es umzugestalten, „ob es nicht schöner aussehen kann“. Züsch schlägt vor, jedes zweite Feld der Konstruktion zum Beispiel mit einem Blech zu verschließen.
Auch manch ein Passant auf der neuen Straße sei nicht begeistert von dem Anblick des Geländers, erklärt Manfred Wiegand. Er ist der direkte Nachbar, das Geländer trennt seinen einen halben Meter tiefer gelegenen Nutzgarten von der Straße ab. „Viele Leute sagen“, erzählt Wiegand, „es sieht aus wie auf einer Koppel.“ Auch gebe es oft Kritik daran, dass das Geländer sehr hoch ausgefallen sei.
Nicht sonderlich glücklich über die Krittelei ist Ortsvorsteher Reinhard Wortmann. „Ich finde, es passt“, ist er durchaus zufrieden mit dem „Bauhaus-Stil“ der Metallkonstruktion – und räumt ein, dass es „vom Stil her“ nicht zum Geibel-Brunnen passe. Allerdings sei das Metall schon den Pollern des dortigen Ensembles angepasst. Der Ortsvorsteher warnt jedoch davor, die Situation zu verschlechtern: „Wenn wir dort Bleche einsetzen in die Fächer, dann sieht das hinterher schlimm aus“, befürchtet er. Auch Stadtrat und Vizebürgermeister Otmar Stein (CDU) versteht die Kritik nicht: „Das wurde doch alles so im Ortsbeirat vorgestellt.“ Dem aber widerspricht Rainer Züsch: „Das Geländer wurde nicht gezeigt.“ Dafür erntet er zustimmendes Nicken von Jürgen Dreschel sowie sogar Ortsbeiratsmitglied Christian Neuwirth (CDU).
Warum streiten?
Doch selbst Dreschel sieht ein: „Was mich wurmt, sind die Kosten, die nun entstehen.“ Deshalb wirbt auch Stadtrat Stein intensiv für die Lösung: „Wenn man überlegt, was hier Ordentliches geschaffen wurde, frage ich mich schon, warum wir überhaupt diskutieren.“ Denn im Rathaus seien keinerlei Klagen über das neue Geländer bekannt geworden. „Da wundern sich die Sachbearbeiter schon etwas über die Kritik“, erläutert Stein.
Auch wenn es nicht nach Art des Brunnen-Platzes gestaltet worden sei, verteidigt Ortsvorsteher Wortmann das Geländer. „Es sieht doch schön aus“, sagt der CDU-Politiker. „Ich weiß gar nicht, warum darüber gestritten wird.“ Woraufhin die Kritiker klein beigeben. „Das wird zu teuer, lassen wir es, wie es ist“, findet Jürgen Dreschel. Rainer Züsch nickt und sagt: „Lassen wir das Thema sterben.“ (den)