Karben. Wenn Gebühren steigen sollen, gibt es in der Kommunalpolitik regelmäßig Streit. So ist es auch in Karben, wo die Stadt an der Gebührenschraube für die Friedhöfe gedreht hat. Die Opposition stimmte mit Nein, der Bürgermeister hielt dagegen.
Drei frische Gräber gibt es auf dem Waldfriedhof in Klein-Karben. An ihrer Größe ist unschwer zu erkennen, dass dort eine Erdbestattung stattgefunden hat. Die Regel ist das jedoch nicht, eher die Ausnahme. Denn mittlerweile sind nach Angaben der Stadt 83,5 Prozent der Bestattungen Urnenbestattungen, mithin also nur noch 16,5 Prozent Sargbestattungen. Der Trend setzt sich fort, die aus dem Jahr 2019 stammenden Zahl dürften sich also weiter verändern.
Immer weniger Sargbestattungen
Immer weniger Sargbestattungen bedeuten für die Stadt deutlich weniger Einnahmen, da die Urnenbestattungen weniger kosten und die Zahl der teureren Sargbestattungen gleichzeitig sinkt. Bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Kosten für die Friedhöfe steigt also das Defizit der Stadt.
In der Verwaltung war das Anlass, die gesamte Gebührenordnung für die Friedhöfe zu überarbeiten. Herausgekommen ist ein umfangreiches Zahlenwerk, das für die Oppositionsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen allerdings Anlass zur Kritik geboten hat. Darüber ärgert sich Bürgermeister Guido Rahn (CDU).
Für die Grünen gab deren Fraktionsvorsitzender Rainer Knak zu Protokoll, dass die Erhöhung der Friedhofsgebühren teilweise einen Anstieg von mehr als 65 Prozent vorsehe. »So kostet die Erdbestattung eines Erwachsenen statt bisher 900 Euro in Zukunft 1500 Euro. Das ist für die Betroffenen eine immense Steigerung«, sagt Knak. Möge die Erdbestattung aus städtischer Sicht auch tatsächlich sehr aufwendig sein, die Wahl der Bestattungsart sei aber keine rein wirtschaftliche Entscheidung. »Meist werden hier die Vorstellungen und Wünsche der Verstorbenen berücksichtigt, und das sollte aus unserer Sicht kein Luxus sein.«
SPD sieht unsensibles Vorgehen der Stadt
SPD-Fraktionschef Thomas Görlich führt die aktuelle Corona-Krise an. Seine Fraktion halte eine Erhöhung der Gebühren aktuell, coronabedingt, für unsensibel. »Für Familien, Personen, die einen Angehörigen auch unter normalen Umständen verlieren, ist es schon eine herausfordernde Situation, Corona verstärkt diese Situation erheblich. Da ist eine Gebührenerhöhung nicht hilfreich.«
Man habe in der letzten Stadtverordnetensitzung einige Maßnahmen mit finanziellen Mitteln ausgestattet, die auch nicht unnötig seien, mit dem Fokus Wirtschaft, Kultur und Vereine. »Wir sollten aber die Menschen nicht vergessen«, rät Görlich namens seiner Fraktion.
Der Bürgermeister weist die Kritik zurück. Die Opposition habe sich einzelne Punkte herausgegriffen. Dabei seien mehrere Dutzend Gebührentatbestände neu kalkuliert worden. »Die meisten Erhöhungen bewegten sich zwischen 0 und 17 Prozent, auf drei Jahre gerechnet. Lediglich vier Tatbestände wiesen starke Erhöhungen auf, »um leider bis zu 66 Prozent«, wie Rahn zugibt. Gerade bei den Erdbestattungen, die kaum noch nachgefragt würden, steigen die Kosten.
Opposition hat keine Anträge gestellt
»Es ist natürlich immer sehr schön plakativ, aber auch verzerrend, wenn man unter drei Dutzend Gebührentatbeständen die drei mit den größten Steigerungen herausstellt.« Dieses Herausgreifen einzelner Extreme mit hohen Anstiegen sei genauso falsch, als wenn man die drei Tatbestände mit den geringsten Steigerungen nehmen würde. »Diese würden sich dann in drei Jahren um 0 bis 2,8 Prozent erhöhen«, rechnet das Stadtoberhaupt vor. »Entscheidend ist doch, inwieweit die komplette Beerdigung insgesamt teurer wird.« Bei einer Standard-Urnenbestattungen liege die Gebührensteigerung somit bei acht Prozent auf drei Jahre gesehen. Rahn kritisiert, dass weder in der Ausschusssitzung noch in der Stadtverordnetenversammlung von SPD und Grünen Anträge gestellt worden seien.
Nachher Kritik zu üben, zeige doch, »dass man hier der sachlichen Argumentation aus dem Wege gehen will«. Es wäre doch interessant gewesen zu erfahren, wie konkret die Opposition das Defizit bei den Friedhöfen von 285 000 Euro hätte ausgleichen wollen. »Aber dazu kam gar nichts, kein einziger Antrag.«
Von Holger Pegelow