Innerhalb kürzester Zeit scheint sich der neue Karbener Schnellbus zu einem Erfolgsangebot zu entwickeln. Die Fahrgastzahlen übertreffen alle Erwartungen. Und doch läuft noch nicht alles perfekt. Deshalb fordern Karbens Grüne nun vor allem bessere Anschlüsse.
Karben. Es ist kurz vor neun Uhr. Der Linienbus 260 mit Ziel Königstein fährt um die Ecke, rollt zur Haltestelle am Bahnhof Groß-Karben vor. Eine Handvoll Fahrgäste steigt ein, der Fahrer schließt die Tür. Los geht die Schnellbusfahrt via Petterweil in den Hochtaunus, nach Bad Homburg und Oberursel.
Doch ein, zwei Minuten, nachdem der Bus gerade abgefahren ist, wird es richtig lebendig am Bahnhof. Dutzende Fahrgäste strömen aus ankommenden Stadtbussen. Dann brausen zeitgleich die S-Bahnen der S6 heran. Fahrgäste steigen aus, andere ein. Die aussteigenden Fahrgäste strömen zu den Bussen. Kaum sind die abgefahren, rauscht nach wenigen Minuten der aus Bad Homburg kommende Bus heran.
„Der Schnellbus fährt konsequent an den Anschlüssen vorbei“, seufzt Rainer Knak (31), Vizefraktionschef der Grünen im Stadtparlament. Als Student steht er kurz vor dem Jura-Examen und nutzt den öffentlichen Nahverkehr zwischen seinem Heimatort Petterweil und der Uni in Frankfurt reichlich. „Da bekommt man solche Probleme hautnah mit“, erklärt Knak.
Die Forderung nach besseren Umsteigemöglichkeiten von und zur Linie 260 in Karben haben die Grünen zu einem Antrag gemacht. Diese Woche soll sich das Stadtparlament damit beschäftigen.
Lediglich zur S-Bahn S6 von und nach Frankfurt haben die Schnellbus-Fahrgäste in Karben Anschluss. Ein Manko, weiß Ekkehart Böing, im Rathaus für den Nahverkehr zuständig.
Hohe Symbolwirkung
Beim Stadtbus sei bisher nur ein Übergang zum Schnellbus von der Linie 74 aus Rendel und Klein-Karben möglich. „Aber es gibt andere Anschlussmöglichkeiten entlang der Schnellbuslinie, die ein höheres Fahrgastpotenzial haben“, erläutert Böing. Das betreffe vor allem den Bahnhof Oberursel sowie den Anschluss zur U2 in Gonzenheim.
Letzteren, räumt Rainer Knak ein, mag auch er nicht missen. Und lobt den 260er auch prinzipiell: „Der Bus wird von den Fahrgästen sehr geschätzt.“ Das zeigen die Zahlen, über die der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) entzückt ist. „Wir haben bereits im November die Zahl von 1000 Fahrgästen pro Tag überschritten“, erklärt Sprecher Sven Hirschler. „Das hatten wir erst nach zwei Jahren erwartet.“ Am stärksten sei die Nachfrage zwischen Bad Homburg und Königstein.
Dort schätzten viele Fahrgäste die kürzere Fahrzeit gegenüber der Linie 261. Wie viele Fahrgäste von dieser überall haltenden Linie zum Expressbus umgestiegen sind, mag der RMV allerdings nicht sagen. Zumal zum Start der neuen Linie, die dort alle 30 Minuten verkehrt, das Angebot auf der alten ausgedünnt worden war. Gegenüber der 261 lässt die 260 die Haltestellen in Kronberg aus und fährt zwischen Oberursel und Königstein nahezu ohne Halt in nur noch 17 Minuten.
Über „sehr gute“ Fahrgastzahlen freut sich Sven Hirschler auch auf dem Abschnitt zwischen Bad Homburg und Karben. Zwischen den Nachbarstädten benötigt der 260er nur 25 Minuten. Er schließt nicht nur eine Lücke im Nahverkehrsnetz über die Kreisgrenze hinweg, sondern er ersetzt zwischen Petterweil und Ober-Erlenbach auch die vor einigen Jahren wegen Fahrgastmangels gestrichene Frankfurter Buslinie 65. Das freut Verkehrsplaner Böing in Karben: „Für die Petterweiler ist die Verbindung sehr wichtig, und sie wird sehr gut angenommen.“ Nicht nur Schüler und Berufstätige säßen im Bus, sondern auch viele, die zum Einkaufen in Bad Homburgs Innenstadt führen.
Die Schnellbuslinie ist für den RMV ein Pilotprojekt – und der Erfolg habe „hohe Symbolwirkung“, sagt Hirschler. Weitere Express-Strecken auf Querverbindungen will der Verbund einführen, so zwischen Königstein und Hofheim.
Was bedeutet: Karbens Schnellbus soll zum Dauerangebot werden. Für den Fahrplanwechsel Ende 2016 sei eine Ausschreibung in Vorbereitung, kündigt der RMV-Sprecher an. „Dann können auch Anschlüsse optimiert werden.“
Vertaktung fehlt
Rainer Knak hofft darauf, dass kleine Veränderungen schon vorher möglich sind. Mit der Ausschreibung sei außerdem ein effektiveres Angebot möglich. Drei Verbindungen pro Stunde von und nach Karben seien für Petterweiler „schon optimal“. Ließe sich der Schnellbus ins Taktschema des Karbener Stadtbusses integrieren, könne er vielleicht eine von stündlich zwei Fahrten der Linie 73 ersetzen. „Mit den Einsparungen könnte zum Beispiel ein Sonntagsverkehr nach Bad Homburg finanziert werden oder eine Ausweitung des Angebots in den Abendstunden“, hofft Knak.
Solche Gedankenspiele gibt es offenbar auch im Karbener Rathaus und bei der für den Stadtbus zuständigen Verkehrsgesellschaft Oberhessen (VGO). Denn diese, erläutert Planer Ekkehart Böing, werde den Stadtbusverkehr „demnächst“ ebenfalls neu ausschreiben. (den)