Die Polizei holte am vergangenen Dienstagmorgen eine Schülerin (16) direkt aus der Kurt-Schumacher-Schule (KSS) ab – zur Abschiebung nach Serbien.
Karben. Es ist die erste Stunde am Dienstagmorgen an der Kurt-Schumacher-Schule. Die Klasse 7H sitzt zum Unterricht zusammen, als es an der Tür klopft. Die Sekretärin der Schule kommt hinein, bittet eine Schülerin (16) mit nach draußen. Für das Mädchen wird es ein Abschied aus Karben.
Im Büro des kommissarischen Schulleiters Stephan Mierendorff warten zwei Polizisten auf das Mädchen. Sie sollen die 16-Jährige zur Abschiebung nach Serbien bringen.
Mierendorff ist die Erschütterung über die Geschehnisse noch Stunden später anzumerken. Es geht ihm wie allen Schülern und Lehrern: Sie verstehen nicht, wieso dies passieren musste.
Völlig überraschend kommt die Abschiebung nicht. Die Schülerin und ihre Mutter lebten seit langem in einer Karbener Flüchtlingsunterkunft. Bereits seit dem 15. Dezember 2014 sei ihre Abschiebung genehmigt, erklärt Dieter Ohl von der Ausländerbehörde beim Regierungspräsidium Darmstadt (RP). Die Behörde ist hessenweit für Abschiebungen zuständig.
Die Asylanträge aus den Jahren 2013, 2014 und 2015 seien abgelehnt, sagt Ohl. Mutter und Tochter kommen aus einem sicheren Herkunftsstaat. Die Chancen waren also von Anfang an gering. Warum alles dennoch so lange dauert, „das wundert mich“, sagt Bürgermeister Guido Rahn.
Diesen Dienstag haben sich die Behörden für die Abschiebung ausgesucht. In der Unterkunft aber sind Mutter und Tochter am Morgen nicht, als die Polizei vor der Tür steht, erklärt Behördensprecher Dieter Ohl. Die Polizei erreicht die Mutter in der Wohnung ihres erwachsenen Sohnes, der in Niddatal lebt. Zwei Beamte fahren zur „Kurt“.
Als die Polizeibeamten in Mierendorffs Büro stehen, bittet der Direktor sie zu warten. Er will sich zunächst absichern und ruft beim Schulamt an. Der Schulleiter müsse als Beamter Amtshilfe leisten, erläutert André Linhart, Vizechef des staatlichen Schulamts für den Wetteraukreis. Eine Alternative zum Polizeieinsatz in der Schule sieht RP-Sprecher Ohl nicht: „Die Familie wurde auf die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise hingewiesen, ließ diese Möglichkeit leider aber ungenutzt.“ „Aus der Schule abzuschieben ist nicht unser Ansinnen“, beteuert Polizeisprecherin Sylvia Frech. Es habe keinen anderen Ort als die Schule gegeben, um das Mädchen garantiert anzutreffen. „Es war eine von den Beteiligten selbst geschaffene, ungünstige Situation.“
Widerstandslos geht das Mädchen mit den Polizisten mit. Sie fahren nach Friedberg. Dort trifft die 16-Jährige auf ihre Mutter. Ein Reisebus wartet. Darin sitzen bereits 14 Menschen. Sie alle werden an diesem Tag abgeschoben. (rin/den)