Gute und schlechte Nachrichten liegen manchmal ganz dicht beieinander: Auf der Baustelle der Nordumgehung Karben wird der Baufortschritt endlich langsam sichtbar. Doch das Projekt wird teurer als geplant.
Karben. Die Sonne lacht und Jörg-Uwe Hahn auch. Der FDP-Justizminister ist zwar ein wenig fachfremd zu Besuch auf der Baustelle der Umgehungsstraße. Doch im Licht dieses „Jahrhundertprojekts“ sonnt sich der Vizeministerpräsident aus der Nachbarstadt gern. Ort und Anlass sind ideal, um im Wahlkampf Erfolge zu feiern.
„Zu recht“, attestiert ihm Karbens Bürgermeister Guido Rahn (CDU). „Er ist der Vater der Vorfinanzierung.“ Bei einem Gespräch vor wenigen Jahren in Wiesbaden, als es darum ging auszuloten, ob der Aprilscherz der Bad Vilbeler Neuen Presse vom Hessentag in Karben realisiert werden könnte, habe er sich mit Hahn unterhalten, wie die neue Straße finanziert werden könnte. Zusammen sei die Idee der Vorfinanzierung geboren worden, sagt Rahn. „Und Minister Hahn hat dafür gesorgt, dass es beim Verkehrsminister ins Rollen kommt“.
16 Meter tiefer
17 von 22Pfahlgründen haben die Arbeiter in den Lehmboden getrieben, erklärt Bauleiter Jens Brust. Weil der Grund an der Nidda weniger stabil ist als erhofft, mussten sie statt geplanter zehn bis zu 26Meter tief hinunter graben.
Ganz im Zeitplan liege das Vorhaben, erläutert Andrea Prangen von der Bundesfirma Deges, die die Straße im Auftrag des Landes baut. 2014 solle der Streckenbau von Osten her beginnen, im Herbst 2016 die Umgehung fertig werden. Aber schon vorher solle der östliche Abschnitt bis zur Brunnenstraße für den Verkehr geöffnet sein, damit in Groß-Karben die Ortsdurchfahrt im Zuge der Dorferneuerung umgebaut und saniert werden kann.
Obwohl der Bau längst läuft, müssen sich Karbens Stadtverordnete in dieser Woche erneut mit der Nordumgehung beschäftigen. Zum einen sollen sie das Genehmigungsverfahren für den Bau des Lärmschutzwalls einleiten, den die Stadt den Anwohnern in Groß-Karben versprochen hat. Im Gegenzug dafür hatten sie ihre Klage fallen gelassen – und so den Weg für den Baubeginn frei gemacht.
Zinskosten viel geringer
Außerdem sollen die Stadtverordneten eine „Kostenfortschreibung“ absegnen: Statt 16,2Millionen wird die Umgehung nun 17,4 Millionen Euro kosten, sagt Rahn. Die Verteuerung liege wohl vor allem daran, dass sich die Preise auf dem Bau seit der Kalkulation des Vorhabens 2010 bis zur Vergabe der Bauaufträge ab dem Jahr 2012 angezogen hätten.
Das hat Folgen für die Stadt, denn sie finanziert das Projekt für das Land vor. Von 2015 bis 2017 zahlt das Land die Kosten dann in gleich hohen Summen zurück. Deshalb rechnet Bürgermeister Rahn damit, dass die Verteuerung zu keinerlei höheren Zinsbelastungen für die Stadtkasse führt. Denn erst zum Ende der Bauzeit hin würden die sehr hohen Rechnungen fällig. Weil das Projekt etwas langsamer als ursprünglich geplant gebaut werde, überschnitten sich die Zahlungen der Stadt mit den Rückzahlungen immer mehr. Sprich: Die Kommune muss weniger lang zwischenfinanzieren.
Und noch etwas kommt den Karbenern aktuell zu Gute: die äußerst niedrigen Zinsen. Beides zusammen haben die Zinskosten für die Vorfinanzierung erheblich schmelzen lassen. Guido Rahn rechnet mit gerade einmal noch „unter 300000 Euro“, während er anfangs mit dreimal so viel kalkuliert hatte. „Das ist viel weniger, als wir vom Land als Zuschüsse für die Dorferneuerung erhalten.“ (den)