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Das große Sparen! – Karben schlüpft unter hessischen Rettungsschirm

Karben steuert um: CDU, FW, FDP, SPD und Grüne sagen Ja, dass die Stadt unter den Schutzschirm des Landes schlüpft. So wird sie Millionen an Schulden los, muss aber massiv sparen. Das werden alle Bürger ab Januar im Portemonnaie spüren.

Karben. Karben lässt die Zeit der Schulden hinter sich. Mit kräftigem Sparen und höheren Steuern und Gebühren will die Stadt dauerhaft in die schwarzen Zahlen kommen. Diese Zeitenwende ist am Freitagabend im Petterweiler Albert-Schäfer-Haus spürbar. Zwei Stunden lang debattieren die Stadtverordneten. Dann heben sich, außer bei der Linken, alle Hände dafür, dass die Stadt unter den Schutzschirm schlüpft. „Eine Weggabelung“ sei das, sagt CDU-Fraktionschef Mario Beck. „Die wichtigste Entscheidung, seit ich in der Stadtverordnetenversammlung bin“, so sein Grünen-Kollege Mario Schäfer.

Zu Jahresbeginn übernimmt das Land 16 Millionen Euro Altschulden der Stadt. „Wir können in einer Geschwindigkeit gesunden, wie es ohne den Schutzschirm nicht möglich wäre“, freut sich Mario Beck. „Wir gewinnen unsere Handlungsfähigkeit zurück.“ Im Gegenzug muss die Stadt strikt sparen. Dafür erhöhen die Parlamentarier im Lauf der Sitzung zum einen Grund-, Gewerbe- und Spielapparatesteuer, Wasser-, Abwasser-, Kindergarten- und Büchereigebühren, führen Straßenbeiträge ein. Auf der anderen Seite deckeln sie Zuschüsse, etwa für Musikschule und Nahverkehr, streichen bei vielen Ausgaben. 48 Maßnahmen umfasst der Spar-Katalog. „Alle müssen Kröten schlucken“, sagt Grünen-Mann Schäfer. Der Sparkurs koste zwar jeden Karbener im Jahr 50 bis 60 Euro, doch flössen pro Kopf 700 Euro vom Land in die Stadt. Deshalb habe man sich parteiübergreifend geeinigt, das Sparen „möglichst auf alle Schultern zu verteilen und jeden nach seiner Leistungsfähigkeit zu belasten“. So komme der Sparkurs „ohne radikale Maßnahmen“ aus, erinnert CDU-Beck. „Wir wollen die soziale Balance wahren.“

Massiven Streit bricht die SPD vom Zaun. Obwohl sie zustimmt, argumentiert sie ausschließlich gegen den Schutzschirm. Er sei eine „Entscheidung zwischen Pest und Cholera“, schimpft Fraktionschef Thomas Görlich. Die Koalition breche mit den höheren Steuern und Gebühren Wahlversprechen. „Sie machen die größte Steuererhöhung, die wir je hatten.“ So stimmt die SPD gegen höhere Kita-Gebühren und das Einführen von Straßenbeiträgen, lehnt das Deckeln der ÖPNV-Kosten ab.

Da fährt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) aus der Haut. Es seien nicht die höchsten Steuererhöhungen – und die SPD der Verursacher der Misere. „Wer hat uns denn die 60 Millionen Euro Schulden eingebracht? Das waren sie, sie haben die Stadt runtergewirtschaftet.“ Angesichts so viel Geldes „muss man eigene Versprechen neu justieren und mutig sein, es den Bürgern zu erklären“, findet Rahn.

Bürger sind klüger

Selbst Grünen-Mann Schäfer ist „überrascht“, dass „wir wieder die alten Schlachten schlagen“, schließlich hätten die Fraktionen monatelang die Sparvorschläge gemeinsam getragen. „Jeder hat Zugeständnisse machen müssen“, erinnert Friedrich Schwaab (CDU). „Ich verstehe nicht, warum die SPD ausschert.“ Es funktioniere nicht, das Geld vom Land zu nehmen „und nichts dafür tun“ zu wollen, kritisiert CDU-Fraktionschef Beck. „Da sind die Bürger klüger“, erinnert Guido Rahn. „Sie haben keine Kritik.“ (den)