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100 Jahre nichts als Theater

Sie sorgen für Vergnügen: Das Okärber Ensemble im Jahr 1934. Aufgeführt wurde das Stück »Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen«. Repro: Schenk
Sie sorgen für Vergnügen: Das Okärber Ensemble im Jahr 1934. Aufgeführt wurde das Stück »Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen«. Repro: Schenk

Karben. Auf eine bewegte Vergangenheit können die Laienspielgruppen der Sport- und Kulturgemeinschaft (SKG) Okarben blicken. In diesem Jahr feiern die »Spiegel« ihr 100-jähriges Bestehen. Auch eine Festschrift samt Chronik ist geplant.
In Okarben wird leidenschaftlich Theater gespielt. Jedes Jahr bringen die Laienspielgruppen der Sport- und Kulturgemeinschaft (SKG) neue Stücke auf die Bühne. An Ideen mangelt es den großen und kleinen Mimen nicht. »Spiegel« und »Mini-Spiegel« nennen sich die beiden Theatergruppen. Während die Kleinen seit 2013 aktiv sind, gibt es die Erwachsenen schon einige Jahre länger. Dieses Jahr feiern sie ihr 100-jähriges Bestehen. Entstanden ist die Idee eines Volkstheaters in Okarben in den Reihen des Gesangvereins »Frohsinn«. Als Gründungstag ist der 20. Juli 1920 überliefert.
Das Volkstheater mit seinen Komödien und »Provinzpossen« entwickelte sich im 19. Jahrhundert parallel zum bis dahin dominierenden »klassischen« Hoftheater. Es war damals eher auf dem Land beheimatet und wandte sich an das nicht-adelige Publikum. »Das finanzielle Überleben der Volksbühnen war in größeren Städten recht schwierig«, erläutert Wolf Fitzner, SKG-Chronist und Akteur der Laienspielgruppe. »Anders war es im ländlichen Raum. In dieser Tradition der Laienspielgruppen wurzelt auch unsere Theatergruppe. Hinsichtlich des Erfolgs waren die Okarbener zunächst skeptisch. Aber das Theaterspiel kam beim Publikum an.«
Politische Spannungen
Der 77-Jährige verschweigt nicht, dass hinter den Vereinen zur Zeit der Weimarer Republik auch jede Menge politische Interessen steckten. Man organisierte sich einfach dort, wo die gleiche Fahne im Wind wehte. So wirkten sich die politischen Spannungen nach dem Ersten Weltkrieg voll auf das Vereinsleben aus. Am 28. April 1920 kam es im Turnverein Okarben beispielsweise zu einer Kampfabstimmung. Zwei Richtungen standen zur Auswahl: links oder rechts. Als die Mehrheit gegen einen Austritt aus dem völkisch-nationalen »Deutschen Turnerbund« stimmte, verließen 22 Turner den Verein. Sie gründeten daraufhin die »Freie Turnergemeinde Okarben«, die sich in sozialistischer Richtung orientierte.
In diesen Verein seien aus politischer Überzeugung neben Sportlern auch Gesangs- und Theaterinteressierte eingetreten. »Erster Regisseur, oder sogenannter ›Spielführer‹, war Konrad Karl Müller«, erzählt Fitzner. »Singspiele und Volksstücke standen auf dem Programm. Geprobt und gespielt wurde in der Turnhalle der Freien Turnergemeinde in der ehemaligen Bahnstraße, heute Saalburgstraße. Weitere Stationen waren der Saal des Gasthauses Zur Sonne, das Lokal Beim Böcher in der Hauptstraße 84 und ab 1973 schließlich das Bürgerhaus Okarben. Den Zusatznamen Der Spiegel trägt die Theatergruppe seit dem Jahr 1969.«
Eine ausführliche Chronik der Vereinsgeschichte wird in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen nachzulesen sein. Erscheinen soll das Heft Ende März oder Anfang April. Gegenwärtig sind neun Leute mit der Erstellung beschäftigt. Alles lasse sich nicht mehr rekonstruieren, doch die Liste ist umfangreich. Das erste bekannte Stück war 1924 »Pretsiosa« unter der Leitung von Karl Konrad Müller, ein romantisches Schauspiel mit Gesang. Fünf Regisseure und eine Regisseurin wirkten oder wirken bis heute. Die Ära Müller dauerte sogar ganze 48 Jahre, mit einer Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs. Der jetzige Regisseur Bernd Pliquett ist seit 2007 tätig.
Lernen von den Großen
Die Theaterleitung bei der SKG Okarben teilen sich Marie-Luise Bienstock und Andreas Czuba. Letzterer führt Regie beim »Mini-Spiegel«. »Bei uns können Kinder ab sieben Jahren mitmachen. Entstanden ist das Kindertheater aus einer AG der hiesigen Grundschule. Über einen Theaterverlag bekommen wir mehrere Stücke zugeschickt und treffen aus eine Vorauswahl. Am Ende entscheidet, was den Kindern am meisten Spaß macht«, sagt Czuba. Ähnlich »demokratisch« geht es auch bei den Erwachsenen zu. Marie-Luise Bienstock lobt besonders das Miteinander von alten und jungen Schauspielern. Es sei schön, dass altersübergreifend einer vom anderen lerne. Ab 16 Jahren könne der Nachwuchs dann ins Ensemble wechseln.

SKG-Programm im Jubiläumsjahr
Für den Herbst kündigt das Organisationsteam der SKG Festspielwochen an. Am 17. Oktober (16 Uhr) und 18. Oktober (15 Uhr) startet der »Mini-Spiegel« mit dem Stück »Piraten in der Rumpelkammer«. An den beiden folgenden Wochenenden kommen dann die Erwachsenen zum Zug. »Airport Sturzflug« heißt das neue Stück, mit dem das Publikum im Bürgerhaus begeistern werden soll. Aufführungstermine sind 23.10. (20 Uhr), 24.10. (18 Uhr), 30.10. (20 Uhr) und 31.10. (20 Uhr). Revueabende in Bunt und Schwarz-Weiß runden das Jubiläumsjahr am 6. und 7. November jeweils um 20 Uhr ab. Theaterfreunde und ehemalige Aktive des »Spiegels« ruft Karin Czuba auf, sich bei der SKG-Theatergruppe, telefonisch (0 60 39/47 69 75 7 oder per Mail an theater@skgokarben.de, zu melden. (jüs)